Gerade noch wurde allerorts von Liebe, Geduld und friedlichem Miteinander gesprochen und unter dem Tannenbaum in heimeliger Atmosphäre das Weihnachtsfest gefeiert. Einkehr und Besinnlichkeit auf die wesentlichen Aspekte des Lebens wurden eingefordert und sich ausgiebig über das Leid und die Ungerechtigkeit in dieser Welt beklagt. Mit etwas gutem Willen und dem Hinweis von Tante Elli: „Lass doch gut sein, ist doch Weihnachten!“, ist es sogar gelungen, die drohende Eskalation der Diskussion über Parteipolitik, während des Besuches bei Onkel Egon, in den Griff zu bekommen, ohne dass man sich die mitgebrachten Präsente um die Ohren gehauen hat.
Doch schon eine Woche später, reißt es die satten Mastgansliebhaber aus der Sofaecke, treibt sie in einschlägige Läden, um dort heidnisches Handwerkszeug zu kaufen, das genau diesen Frieden, diese Besinnlichkeit auf echte Werte, mit Getöse wieder ins Nirwana schickt.
Das ist das Ereignis, wo man endlich mal die Sau rauslassen kann. Was für eine Wohltat, nach all dem Weihnachtsgesäusel und Schokozeug! Hoch die Gläser mit den harten Sachen – und den Frust herausgebrüllt! Nun bekommt auch Onkel Egon was er verdient und niemand nimmt es mehr übel, denn das kann man sich Silvester schon mal erlauben.
Wer schießt die meisten Sterne ab? Wer jagt die lautesten Knaller in die stille Nacht? Wer hat am Anfang des neuen Jahres noch sämtliche Finger und kann mit dem zweiten Auge auch noch sehen? Wer hat den größten Kater? Und wer hat als Erster die scheinheiligen Vorsätze gebrochen? Und wer in unserer Republik, in der die Armut täglich zunimmt, hat eigentlich immer noch soviel Geld übrig, um derartige Sinnlosigkeit mitzumachen?
Ach so: Es gibt natürlich auch die anderen, die aus dem Silvesterabend einfach ein verlängertes Weihnachtsfest machen. Sie gönnen sich ein Gläschen guten Wein, lauschen einer Musik, die ihnen hilft, sich entspannt eine Rückschau aufs eigene vergangene Jahr zu leisten. Sich freuen, über gelungenes Handeln und überlegen, wie das, was noch nicht gelungen ist, im nächsten Jahr mit frischem Mut in Angriff genommen werden kann.
Wie auch immer Sie Ihren Jahreswechsel gestalten, ich wünsche Ihnen einen motivierten Start ins neue Jahr, viel Erfolg bei all Ihren Unternehmungen und natürlich Gesundheit und Zufriedenheit und eine Portion Humor – die werden Sie brauchen!
Silvestermorgen – Katerfrühstück für den Katzenjammer
Das beste Katerfrühstück wird Sie nicht davor bewahren, dass Sie versuchen müssen, es zu sich zu nehmen und bei sich zu behalten.
Deshalb spare ich mir auch die unendlichen Tipps von Rollmöpsen und Kaffeemischungen, die sie jetzt auf jeder zweiten Internetseite nachlesen können – wenn Sie überhaupt schon wieder lesen können. Wahrscheinlich verschwimmen noch immer die Buchstaben vor Ihren Augen? Dann vergessen Sie das Frühstück. Es ist ohnehin zu spät. Der Kater ist da und wozu wollen Sie ihn auch noch füttern? Schließlich wollen Sie ihn loswerden und nicht verwöhnen.
Obwohl einige Hartgesottene tatsächlich schwören, dass ein frisch gezapftes Bier nach einer durchzechten Nacht, das einzige Mittel ist, den Kater zu besiegen. Das käme auf einen Versuch an, möglicherweise verlässt er Sie tatsächlich angewidert. Möglicherweise verläßt das frisch gezapfte Heilmittel aber sofort auf gleichem Wege ihren Körper wieder.
Mein Rat: Leeren Sie einige Flaschen Wasser, schlafen Sie aus, bewegen Sie sich nach dem Aufstehen möglichst vorsichtig, duschen Sie und gehen Sie raus an die frische Luft. Bis dahin ist der erste Tag des Jahres zwar schon fast vorüber, aber Sie haben ihn wenigstens einmal gesehen.
Sie werden den Abend mit dem guten Gefühl genießen, dass es schlimmer wohl nicht kommen kann, und haben damit das schlimmste Ereignis des bevorstehenden Jahres schon hinter sich.
Herzlichen Glückwunsch!
Text „Silvesterabend“ kommt von Opa Lingen
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