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Lingener Pressefotos in Corona-Zeiten: Ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte
Aus aktuellem Anlass ist es offenbar notwendig, die kommunalen Politiker hier in Lingen und dem Emsland darauf hinzuweisen, dass wir uns nach wie vor in einer Pandemie befinden. Die Gefahren der Coronaviren sind noch längst nicht überstanden. Das Einhalten der Schutzmaßnahmen ist weiterhin das oberste Gebot der Stunde. Doch scheinbar ist diese Botschaft noch nicht bei allen Politikern angekommen.
Unser Leben hat sich verändert
Haben wir uns nicht alle auf das Jahr 2020 gefreut, das die Goldenen Zwanziger einläuten sollte? Stattdessen blicken wir auf die vergangenen Monate zurück und stellen fest: So richtig schön war das Jahr bis jetzt eigentlich nicht. Mehr noch, unser privates und unser berufliches Leben haben sich stark verändert. Seit dem Frühjahr ist nichts mehr so, wie wir es bis jetzt kannten. Denn bislang waren wir von schweren Pandemien weitgehend verschont geblieben. Lediglich aus den Geschichtsbüchern wussten wir, dass es so etwas früher einmal gab. Doch hatten wir wirklich eine Ahnung davon, wie sich ein tödliches Virus anfühlt und wie sehr es uns in unserem Alltag beeinträchtigen würde? Vermutlich konnte sich all das niemand von uns realistisch vorstellen. Und dennoch hat COVID-19 unser Leben kräftig durcheinandergewirbelt. Freunde und Familienangehörige durften sich von einem auf den anderen Tag nicht mehr sehen. Arbeitsstellen wurden geschlossen. Wer Glück hatte, konnte aus dem Home Office heraus tätig sein – und auf diese Weise wenigstens noch etwa Geld verdienen. An das Tragen der Maske außerhalb unserer Wohnung haben wir uns schon längst gewöhnt. Wir leben mit der Pandemie und müssen uns mit ihr arrangieren.
Ein Ende ist nicht in Sicht
Zwar mag sich das Jahr 2020 in seinen letzten Wochen befinden. Doch COVID-19 wird uns vermutlich auch nach dem Jahreswechsel begleiten. Denn ein Ende der Virenerkrankung ist bestenfalls dann vorstellbar, wenn wir über einen wirksamen Impfstoff verfügen. Wann genau das ist, lässt sich jetzt noch nicht abschätzen. Umso schöner, dass die Forschungsunternehmen eifrig an dieser Aufgabe arbeiten. Im Umkehrschluss bedeutet das zuvor Gesagte aber auch, dass wir mit dem Mund-Nase-Schutz, dem Home Office, dem ständigen Desinfizieren der Hände sowie mit anderen Einschränkungen bis mindestens ins Jahr 2021 hinein werden leben müssen. Der Besuch des Kinos, des Fußballstadions oder des Konzertes wird uns – aller Wahrscheinlichkeit nach – nicht oder nur in einem eingeschränkten Rahmen erlaubt werden. Und das ist auch gut so. Denn sofern wir einen wirkungsvollen Impfstoff noch nicht besitzen, muss jeder Bürger eben seinen Teil dazu leisten, dass sich die Pandemie nicht noch weiter ausdehnt. Die Sommermonate haben gezeigt, dass wir mit den richtigen Maßnahmen schnelle Erfolge feiern können. Sie wiederum geben kaum Anlass zu echter Freude. Denn in manchen Bundesländern wird angesichts der steigenden Zahlen an Infizierten bereits über weitere Schritte debattiert – auch ein zweiter Lockdown kann für einige Regionen nicht mehr ausgeschlossen werden.
Gelten die Einschränkungen für jedermann?
So sehr wir uns auch mit COVID-19 arrangiert haben mögen, so sehr stellt sich aber die Frage, ob die Schutzmaßnahmen wirklich für alle Menschen hierzulande gelten. Denn wer einmal die Tageszeitung aufschlägt, kann manches Fotos sehen, auf dem Politiker dicht gedrängt beisammenstehen. Auf den Mindestabstand wird hier offensichtlich nicht geachtet. Weder Mund noch Nase sind bedeckt. Zwischen den einzelnen Personen ist keine Trennwand oder eine andere Vorrichtung erkennbar, die die Verbreitung der Viren verhindern könnte. Warum wird also mit zweierlei Maß gemessen? Warum ist uns Bürgern verwehrt, was den Politikern erlaubt zu sein scheint – zumindest für den Moment, in dem das Foto aufgenommen wird? Dabei sollten die Politiker doch um die Gefahren einer solchen Situation wissen. Denn sie haben in langen Diskussionen innerhalb ihrer Gremien bestimmt, welche Maßnahmen gegen die Viren eingesetzt werden müssen. Warum aber handeln sie diesen dann selbst zuwider? Zwar mag der Moment der Fotoaufnahme nur wenige Sekunden andauern. Doch bereits das genügt, um andere Personen anzustecken. Wer einmal niest oder hustet, kann die nicht sichtbaren und auch anderweitig nicht wahrnehmbaren Viren schon verbreiten. Insbesondere für die Politiker sollte diese Erkenntnis nicht neu sein – da mittlerweile jedes Kind diese Risiken kennt.
Das Foto als schlechtes Vorbild
Zudem stellt sich die Frage, welche Botschaft eigentlich von solch einem Bild ausgehen soll. Je mehr Politiker – oder andere Personen – für ein Foto ohne Mindestabstand und ohne Schutz der Nase und des Mundes posieren, desto mehr verbreitet sich in der Bevölkerung der Eindruck, dass wir uns wieder im Zustand der Lockerungen befinden. Die Gefahr von COVID-19 wird damit indirekt geleugnet. Finden solche Fotos ihre Nachahmer, könnten sich daraus verheerende Folgen für die gesamte Gesellschaft entwickeln – und das nicht alleine in Deutschland, sondern ebenso über die Landesgrenzen hinaus. Auch der Fotograf, der die Politiker für das Bild positioniert hat, sollte sein Vorgehen überdenken. Natürlich ist es verständlich, dass er die abgebildeten Personen möglichst erkennbar darstellen möchte – die Bedeckung von Mund und Nase könnte dabei stören. Zugleich ist nachvollziehbar, dass auf dem Bild eine gewisse Einheit suggeriert werden soll, die sich durch den Mindestabstand von immerhin anderthalb Metern nicht glaubhaft ausdrücken ließe. Dennoch werden für ein Foto die geltenden Normen außer Kraft gesetzt und die Gefahr der Verbreitung der Viren wird billigend in Kauf genommen. Ein Umstand, der uns Bürger wütend macht und der daher angeprangert werden muss. So sind wir es also, die mit gutem Vorbild vorangehen müssen.
Noch befinden wir uns nicht im Wahlkampf
Überhaupt ist nicht erkennbar, warum ein solches Foto gerade jetzt aufgenommen werden muss. Dass Politiker den Schulterschluss öffentlichkeitswirksam zur Schau stellen, ist doch eigentlich ein Bestandteil des Wahlkampfes. Doch weder auf Bundes- noch auf Landesebene sind derlei Entscheidungen für das Jahr 2020 anberaumt. So findet die kommende Bundestagswahl erst im Herbst 2021 statt – zur gleichen Zeit wie die Kommunalwahlen im Landkreis Emsland. In der Stadt Lingen (Ems) stehen der Stadtrat und die Ortsräte in Altenlingen, Baccum, Bramsche, Brögbern, Clusorth-Bramhar, Darme, Holthausen, Laxten und Schepsdorf zur Wahl. Außerdem findet die Wahl des Kreistages des Landkreises Emsland statt. Die nächste Landtagswahl in Niedersachsen ist sogar erst für das Jahr 2022 terminiert. Da sollte es doch möglich sein, auf ein solches Fotos zur jetzigen Zeit zu verzichten – oder welcher Grund könnte dafür mitten in der Pandemie vorliegen? Zugegeben, bei aller Entrüstung dürfen wir auch nicht vergessen, dass der Fotograf vermutlich nur seinen Job erledigen wollte. Und zu einem guten Bericht in der Tageszeitung gehört eben ein aussagekräftiges Foto. Zumal der Journalist nach eigenen Aussagen die beteiligten Politiker lediglich für einen kurzen Schnappschuss zusammengerufen hat. Und doch sind es gerade diese knappen Momente, in denen die Krankheit übertragen werden kann. Wer dabei auf Schutzmaßnahmen verzichtet, geht das Risiko einer Verbreitung der Viren ein. Und all das nur, um in der Tageszeitung eine gesellige Runde an Politikern darzustellen?
Gefahren erkennen – und vermeiden
Dabei wäre es gerade in der geschilderten Situation recht einfach gewesen, sämtliche Gefahren zu vermeiden. Ein Grundsatz, der bei weiteren Aufnahmen beachtet werden sollte. Möchte also künftig ein Fotograf ein Bild von Politikern oder anderen Personen des öffentlichen Lebens aufnehmen, so kann er diese bitten, die Einhaltung der Schutzmaßnahmen wahrzunehmen. Wer dabei nicht mit dem Mund-Nase-Schutz abgelichtet werden möchte, hält zu den übrigen Personen eben einen Abstand von wenigstens anderthalb Metern ein. Ansonsten werden die Masken getragen, um eine Verbreitung der Corona-Viren zu verhindern. Hierbei handelt es sich immerhin um Maßnahmen, die eigentlich keiner besonderen Erwähnung bedürfen und die heutzutage für jedermann üblich sein sollten. Nicht alleine, um die drohenden Risiken zu minimieren. Sondern auch, um selbst mit gutem Beispiel voranzugehen und zu zeigen, dass wirklich jeder von uns – Politiker wie Bürger – verstanden hat, dass wir die Pandemie nur gemeinsam besiegen können. Übrigens dürfte uns COVID-19 auch in den kommenden Monaten noch begleiten und einen wesentlichen Bestandteil der für das Jahr 2021 anstehenden Wahlkämpfe ausmachen. Wer als Politiker hierbei glaubhaft wirken möchte, beachtet selbstverständlich das Tragen des Mund-Nase-Schutzes und das Einhalten der Mindestabstände. Denn das ist das Gebot der Stunde – in der Politik ebenso wie im Alltag der Bürger.
Text „Lingen: Pressefotos in Corona-Zeiten“ kommt von Opa Lingen
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