Gleichberechtigung

Betrachtungen zum Thema „Emanzipation“

Eigentlich hatte ich mir geschworen, mich mit dem Thema Emanzipation nicht mehr auseinander zu setzen. Zu viel wurde darüber diskutiert, zu oft wurde das Wort missbraucht und auch oft genug als Schimpfwort verwendet. Und ehrlich gesagt bin ich auch davon ausgegangen, dass so viele Jahre nach den revolutionären Frauenbewegungen – die ohne Zweifel mehr Gerechtigkeit in unsere Gesellschaft gebracht haben – das Thema längst seine goldene Mitte gefunden hat, und in den meisten Köpfen, Frauen und Männer als gleichwertige Lebewesen erkannt wurden.

Gedanken zum Thema "Emanzipation"

So denkt man halt blauäugig und geht davon aus, dass das Frauenbild in unserem aufgeklärten Land sich gewandelt hat. Bis zu dem Augenblick, wo man schlaftrunken und gemütlich seine Frühstückszeitung durchgeblättert hat und sich dem unvermeidlichen Berg von Werbebeilagen widmet. Mich interessieren da allerdings eher die Angebote aus den Baumärkten. Nicht, weil ich Einkaufen und Kochen eher meiner Frau überlasse, sondern weil ich ein leidenschaftlicher Handwerker bin und immer auf der Suche nach guten und preiswerten Werkzeugen und Materialien. Man muss schon aufpassen, dass man trotz niedriger Preise nicht irgendein wertloses Zeug angedreht bekommt. Denn darauf, dass jemand keine Ahnung davon hat, wie gutes Werkzeug auszusehen hat, spekulieren die Sonderangebote natürlich immer wieder. Sie kennen das ja sicher auch: Superschnäppchen Schrauberzieher-Set, 30 teilig für neun Euro neunzig! Dass diese Dinger sich nach dem Auspacken extrem leicht anfühlen und sich fast ängstlich in die Hand schmiegen, um sich dann panikartig in dem Augenblick zu verbiegen, sobald sie nur eine Schraube von weitem sehen, wird natürlich nicht verraten!

„Wieso“ frage ich mich beim Durchblättern des Werbeblattes, „bieten die nur immer wieder so etwas an? Sollte es wirklich Leute geben, von denen sich die Werbefritzen erhoffen, dass sie darauf hereinfallen?“

Ich schüttele den Kopf und blätter weiter – und dann – plötzlich offenbart sich mir, auf wen diese Werbung für Billigwerkzeug zielt! Frauen! Die nächste Anzeige, die mir ins Auge springt, kann es nicht deutlicher ausdrücken! Frauen! Denn was ich da sehe, verschlägt mir fast die Sprache. Ein Damen-Werkzeug-Set wird dort angeboten. Mal davon abgesehen, dass sich die Bedeutung der Wörter ‚Damen’ und ‚Werkzeug’ vom Sinn her, ohnehin widersprechen – wurden der Schraubenzieher, der Hammer, die Zange, das Teppichmesser nebst Maßband, mit einem rosafarbenen Blümchendekor versehen! Natürlich das Set für 9,98 €.

Da war es also wieder. Unverblümter konnte man seine Meinung von Frauen wirklich nicht darstellen. Offensichtlich gehen die Macher davon aus, dass das Billigwerkzeug gerade gut genug für Frauen ist und dass diese, während sie sich mit dem unbrauchbaren Zeug herumquälen, zumindest an den hübschen Blümchen auf den Griffen erfreuen würden. Oder gehen die cleveren Jungs gar davon aus, dass Frauen ohnehin nicht wissen, wozu welches Werkzeug gebraucht wird? Dass sie sogar glauben, die Zange wäre dazu da, sich gründlich die Augenbrauen zu zupfen?

Ich nahm einen kräftigen Schluck Kaffee und fragte mich, weshalb es noch immer nicht in den Köpfen angekommen ist, dass es ebenso viele Frauen wie Männer gibt, die gern handwerklich arbeiten und die auch nicht zusammenbrechen, wenn sie eine Kettensäge benutzen. Und ebenso viele Männer kochen leidenschaftlich und gut und sind mit Freude Hausmänner. Was geht nur in einem Kopf vor, der glaubt, dass Frauen auf Blümchenwerkzeug abfahren?

Ich blättere die restlichen Werbebeilagen durch, in der Erwartung, auf den Lebensmittelseiten oder bei den Haushaltsartikeln ähnliche Angebote speziell für Männer zu finden. Mir schwebt da zum Beispiel ein Mixer mit verchromtem Harleyhandgriff vor oder zumindest ein Sieb im Fussballdesign von Bayern München! Aber nichts dergleichen. Kein Besen mit Turboantrieb, kein Kochtopf mit Auspuffanlage, nichts, nichts, nichts!

Enttäuscht werfe ich den ganzen Papierkram in den Papiermüll.

Und jetzt frage mich allen Ernstes: „Wer wird hier veräppelt? – Am Ende doch wohl beide Geschlechter?“

Text + Bild „Emanzipation“ kommt von Opa Lingen

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