Lassen Sie das Jahr Revue passieren.
Ja, die stille Zeit. Besinnlichkeit, Ruhe und bedächtige Rückschau auf das vergangene Jahr zeichnen die Phase von Advent bis Neujahr aus, nicht wahr? Endlich mal durchatmen. Und weniger herumrennen. Die winterliche Verkehrslage macht sowieso keine Lust auf Vergnügungsfahrten, sollte man meinen. Kälte, Schnee und Dunkelheit veranlassen den Menschen, einen Gang herunterzuschalten, im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Zumindest dann, wenn er den Hinweisen der Natur folgt, die eine deutliche Sprache sprechen.
Doch wer tut das schon? Kaum ein Mensch, der sich vom Weihnachtsstress nicht mitreißen lässt. Hand aufs Herz: Kennen Sie jemanden, der am 27. Dezember nicht erleichtert aufatmet und verkündet: »Endlich ist Weihnachten vorbei und das Leben wird wieder normal!«?
Besonders störrische Zeitgenossen, die den speziellen Erfordernissen des Weihnachtsfestes trotzen, bekommen mit sanfter Gewalt auf anderen Wegen beigebracht, was sich im Dezember gehört.
Kurz gesagt: Weihnachten ist reiner Wahnsinn, den nur wirklich duldsame Gemüter schadlos überstehen. Wie war das nochmal? Die meisten Scheidungen werden nach Weihnachten eingereicht? Weil die Gans zu braun geraten war und der Weihnachtsbaum zu krumm? Weil die Dauerbeschallung mit »Stille Nacht, heilige Nacht« zu psychischen Dauerschäden geführt hat, deren Folgen an anderer Stelle herausbrechen?
Weihnachten ist vorbei. Das Leben wieder lebenswert.
Die Plätzchenteller sind leer gefuttert, die Geschenke umgetauscht, die Wachsreste aus dem Wohnzimmerteppich gebügelt. Sie haben es geschafft und können sich mit einem zufriedenen Seufzer zurücklehnen. Endlich die wohlverdiente Ruhe genießen, während aus dem Kinderzimmer die lieblichen, weil durch die Tür gedämpften, Geräusche der Ballerspiele dröhnen, die der Nachwuchs sich zu Weihnachten gewünscht hat. Ein fast unwirkliches Gefühl erschöpfter Entspannung bemächtigt sich Ihrer.
Doch leider dauert es nicht lange an: »Liebling, hast Du eigentlich schon nach dem Rezept für den Sylvestersalat gegoogelt?«
Text „Jahresende“ kommt von Opa Lingen
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