Ich bin bekennender Kaffeetrinker. Doch über den Kaffee und seine Wirkung lese ich fast wöchentlich revolutionäre Erkenntnisse, die hin und wieder dazu führen, dass ich nicht weiß, ob der Kaffee nun gut ist für mich, oder nicht. Einmal soll er das Herz schädigen und die Nerven strapazieren, ein anderes Mal soll er anregend auf den Blutdruck wirken und stimmungsaufhellend sein.
Um mir darüber klar zu werden, was ich mit den widersprüchlichen Meldungen mache, habe ich einige zum Thema Kaffee trinken gesammelt. So konnte ich mit Freude lesen, dass eine Studie nachgewiesen hat, dass die im Kaffee enthaltenen Phenole, das Schlaganfallrisiko heruntersetzen. Außerdem kurbelt Kaffee den Zuckerstoffwechsel an und senkt das Cholesterin. Prima, das habe ich sofort als ‚wahr’ in meinem Unterbewusstsein abgespeichert, weil ich will, dass mir mein Kaffee gut tut. Außerdem hemmen die Inhaltsstoffe im Kaffee Entzündungsprozesse. Finde ich auch klasse und freue mich, dass ich mir täglich Gutes tue!
Aber das ist noch nicht alles. Angeblich beugen schon drei Tassen Kaffee am Tag, dem Risiko, an Alzheimer zu erkranken, deutlich vor. Diese Erkenntnis freut mich besonders, denn Alzheimer ist eine der Krankheiten, vor denen sich wohl jeder fürchtet, weil sie in die totale Abhängigkeit und Hilflosigkeit führt. Nichts für Menschen, die immer gern alles selber machen wollen! Diese Meldung speichere ich natürlich sofort als ‚wahr’ im Ordner „Positiv“ ab.
Und weiter geht’s, im Kaffee stecken sie drin, die viel gerühmten Antioxidantien! Die Detektive und Scharfrichter für freie Radikale. Sie spüren sie auf und machen sie unschädlich! Damit sinkt laut Studien das Krebsrisiko. Mittlerweile breitet sich ein zufriedenes Grinsen über mein Gesicht, fast liebevoll schaue ich auf meinen Kaffeebecher und finde damit auch die nächste Meldung bestätigt: „Kaffee wärmt das Herz und bewirkt eine selbstlosere Einstellung anderen gegenüber!“ Na, wenn das nichts ist. Wenn das wahr ist, sollte Kaffee trinken für alle zur Pflicht werden!
Eine andere Meldung macht mich skeptisch. Kaffeevieltrinker und dazu zähle ich mich, können eventuell Opfer von Halluzinationen werden, muss ich da erfahren. Das gefällt mir nicht, vor allem weil ich nicht weiß, was mit der Aussage „viel Kaffee“ gemeint ist. Außerdem kann ich das nicht bestätigen, denn falls ich Halluzinationen vom Kaffee bekomme, dann wird das sicher nach dem letzten Kaffee abends sein. Also könnte es durchaus sein, dass ich halluzinogene Träume habe. Einen Nachteil sehe ich darin nicht, deshalb stufe ich diese Meldung einfach mal als ‚unwichtig’ ein.
Den Rest kennt man ja: heute entzieht Kaffee dem Körper Wasser und morgen wieder nicht. Vorsichtshalber trinke ich deshalb zwischen den einzelnen Kaffees mein Mineralwasser, da bin ich auf der sicheren Seite.
Wenn ich alles, was ich über das Kaffetrinken gelesen habe, ignoriere und von meinen ganz persönlichen Erfahrungen ausgehe, dann zeigt sich ein rundum positives Bild, mit dem ich seit zig Jahren prima klarkomme. Der Kaffee begrüßt mich morgens mit seinem köstlichen Aroma. Die erste Tasse ist natürlich die Beste des Tages, wenn ich die nicht in aller Ruhe und mit ganz viel Genuss trinken kann, bin ich geknickt. Doch auch die weiteren Tassen Kaffee, die meinen Tag begleiten, sind lauter kleine Belohnungen und Gaumenfreuden. Ich glaube gern, dass es Menschen gibt, die es schwer einschlafen, wenn sie abends Kaffee trinken, bei mir ist das nicht so. Deshalb werde ich nicht auf meinen Kaffee verzichten. Und ich habe mich entschlossen, es mit dem Kaffeetrinken genauso zu halten, wie mit allen anderen widersprüchlichen Meldungen, die mich tagein, tagaus überfluten.
Ich verlasse mich auf meine eigene Wahrnehmung, und wenn es an einem Tag mal eine Tasse Kaffee zu viel wird, dann bekomme ich von meiner Zunge sofort die Meldung: „Kaffee schmeckt nicht mehr“. Das überzeugt mich mehr, als alle Studien der Welt.
Text „Kaffee und revolutionäre Erkenntnisse“ kommt von Opa Lingen
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