Die Macht der Verbraucher

Wir sind Verbraucher. Wir haben Macht.

Glauben Sie nicht? Mir fehlt auch hin und wieder der Glaube, angesichts immer wieder aufgedeckter Skandale im Lebensmittelbereich, in der Konfektionsindustrie zum Thema Billigware und Kinderarbeit oder zum Thema Giftstoffe in Nahrung und Spielzeug. Negative Beispiele gibt es genug, wo letztlich der Verbraucher es in der Hand hat, ob so etwas stattfinden kann oder nicht. Denn was wir nicht kaufen, wird nicht produziert. Stellen Sie sich vor, sie stehen an einem Stand mit zwei Sorten Äpfeln. Die eine Sorte sieht wunderschön aus und ist deklariert mit dem Hinweis: Enthält Formaldehyd, Farbstoffe und künstliche Aromen. Die andere Sorte glänzt mir unförmig gestalteten Früchten verschiedener Größe und ist ausgezeichnet mit den Hinweisen: Naturbelassen, frei von chemischen Zusätzen und von Hand gepflückt.

Sicher sagen Sie jetzt: Ich würde die Äpfel kaufen, die keine Giftstoffe enthalten, logisch. Dummerweise sind diese Äpfel aber 10 Cent teurer als die andere Sorte.

Ihre Gesundheit ist Ihnen das wert? Prima! Sie kaufen also die guten Äpfel, die nicht so hübsch sind und etwas mehr kosten. Das Lob ich mir! Wenn das alle machen, dann werden die chemisch verseuchten Äpfel an diesem Stand verschrumpeln und der Verkäufer wird ein Verlustgeschäft mit ihnen machen. Er wird sich für seinen nächsten Einkauf sagen: „Lieber kaufe ich die doppelte Menge der gesunden Äpfel ein und kann noch einen Rabatt aushandeln.“

Äpfel, Obst und Gemüse - Foto pixabay.com
Äpfel, Obst und Gemüse – Foto pixabay.com

Folgendes ist nach dieser kleinen Entscheidung für den besseren Apfel passiert:


1.
Als Verbraucher haben Sie Ihre absolute Macht, die Sie über Werden und Vergehen des Obsthändlers haben, positiv eingesetzt.

2. Der Obsthändler wird durch diesen Druck angehalten bessere Ware einzukaufen. Er kann gar nicht anders, wenn er weiterhin vom Obstverkauf leben will.

3. Sie und andere Verbraucher werden in Zukunft die gesunden Äpfel zu einem günstigeren Preis bekommen.

Sie sehen, mit wie wenig Aufwand man grundlegende Dinge verändern kann. Sie bekommen immer das in Ihren Einkaufskorb, was sie erwarten. Händler sind im Grunde die Sklaven der Verbraucher. Wann immer etwas angeboten wird, das Verbraucher nicht kaufen, wird es vom Markt verschwinden. Kein Händler kann es sich leisten auf seiner Ware sitzen zu bleiben.

Sind Sie darauf angewiesen, täglich Wurst und Fleisch zu essen? Dann entscheiden Sie sich vermutlich auch täglich dafür, diese Produkte so günstig wie möglich einzukaufen. Beim Discounter, wo Sie billiges Gehacktes kaufen können, das wesentlich länger haltbar ist, als das frisch gedrehte Hackfleisch beim Fleischer. Hergestellt aus Massentierhaltung, in der jedes einzelne Tier vom Tag seiner Geburt bis zur Schlachtung, nur Tage des Leids und Stumpfsinn erlebt. Das Fleisch, das diese Tiere anschließend liefern, ist Stressfleisch, vollgepumpt mit Antibiotika und gesundheitlich bedenklichen Stoffen zur längeren Haltbarkeit. Sie wissen, dass Sie diese Stoffe in ihren Körper aufnehmen und sie sich in Ihren Organen ablagern? Gut. Dann werden Sie Ihre Entscheidung bewusst treffen. Zum Beispiel, wenn Sie Fleisch kaufen, von Tieren, die ein gutes Leben hatten und artgerecht aufgewachsen sind. Und wenn Sie den geschmacklichen Unterschied erlebt haben, zwischen einem Braten aus dem Discounter und einem aus kontrolliert, artgerechter Tierhaltung. Auch hier werden Sie für einige Zeit einen höheren Preis zahlen müssen. Und zwar genau so lange, bis der Discounter auf seinem Billigfleisch sitzen bleibt. Dann wird er alle Hebel in Bewegung setzen, um Ihnen gutes Fleisch zu einem akzeptablen Preis anzubieten.

Genauso geht es mit allen anderen Produkten. Vergiftetes Plastikspielzeug, das nach einem Tag auseinanderfällt, wird nicht angeboten, um Verbraucher zu ärgern, sondern weil er für Qualität kein Geld ausgeben möchte. Für ein paar Cent kann man aber einfach keine Qualität herstellen. Eine Hose für 10,- € kaufen? Schnäppchen gemacht? Diese Hose wurde höchstwahrscheinlich von Menschen hergestellt, die selbst für diese Arbeit vielleicht einen Teller Reis bekamen. Die Gründe für preisgünstige Ware sind vielfältig und nicht immer auf Anhieb zu erkennen.

Es ist viel gewonnen, wenn man etwas bewusster einkauft und den Händler fragt: „Warum ist dieses oder jenes so günstig?“

Trotzdem – viel Spaß beim kommenden Schlussverkauf! Da kann man sicher das eine oder andere echte Schnäppchen machen.

Text „Die Macht der Verbraucher“ kommt von Opa Lingen