In Lingen gut speisen
In vielen Gaststätten bekommt der Gast vor dem Essen einen Aperitif. Er soll den Appetit anregen. Und für viele Menschen gehört ein gutes Glas Wein zu einem guten Essen. Durch ihn soll das gewählte Gericht noch besser munden. Nach dem Essen gibt es den Verdauungsschnaps, damit das Essen besser verdaut werden kann.
Wenn ich das überdenke, dann fällt mir auf, dass mir vom Gastgeber unterstellt wird, dass ich mich an seinen Tisch begeben habe, ohne dass ich überhaupt das Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme verspürte. In der Sorge, dass ich zu wenig bestellen könnte, wird mir erstmal ein Hungerdoping serviert. Angeblich eine Aufmerksamkeit des Hauses. Natürlich ist der Preis dafür in meinem Hauptgericht versteckt. Aber gut, man lässt sich hin und wieder auch gern mal etwas vorgaukeln.
Ich suche mein Gericht aus und bekomme hilfreiche Hinweise, auf die dazugehörigen Weine. Nun, ich will ja kein Banause sein, pflichte dem Kellner also bei und bestelle den empfohlenen Wein mit.
Während ich auf mein Essen warte, steigert sich dank Aperitif mein Hunger ins Unermessliche. Ich bestelle ein kleines Bier, um meinen aufgeputschten Magen noch ein Weilchen hinzuhalten.
Endlich kommt mein Essen. Ausgehungert stürze ich mich auf die dargebotenen Köstlichkeiten und schlinge sie in mich hinein. Zwischendurch greife ich immer wieder zum Weinglas, trinke ein Schlückchen und stelle fest, dass der Wein mir den köstlichen Geschmack aus dem Mund spült. Nebenbei registriere ich allerdings, dass sich eine gewisse Heiterkeit und Gelassenheit in meiner Stimmung einstellt. Irgendwann ist das Weinglas leer, der Appetit aber noch immer vorhanden. Ich bestelle ein zweites Glas Wein und beende gutgelaunt meine Mahlzeit mit den Worten: „Boah, ich glaub ich platze gleich.“
Das Essen war klasse, der Wein spitzenmäßig, ich bin in bester Feierlaune und hocherfreut, als der Kellner mit der Rechnung noch einen „Absacker“ bringt. Dann klappt’s auch mit der Verdauung.
Wie sieht es denn eigentlich jetzt aus mit meiner Verdauung? Nach so viel Hilfestellung in Form von Alkohol, müsste sie besser funktionieren als je zuvor. Das erste Gläschen, der Appetitanreger, hat dafür gesorgt, dass der Salzsäuregehalt in meinem Magen ansteigt und da mein Körper eigentlich nicht auf Alkohol angewiesen ist, weil er nur unnötige Arbeit für die Leber bedeutet, hat die Galle schon mal vorab etwas Saft abgegeben in der unheilvollen Vermutung, dass da etwas kommt, was schleunigst entschärft und abgebaut werden sollte. Zweckmäßigerweise stellt auch die Bauchspeicheldrüse ihre Sekrete direkt zur Verfügung, um den Alkohol schleunigst zu verdünnen. Das alles ist kein Problem für meinen Körper. Er ist Kummer gewohnt und steckt manches weg. Dem Appetitanreger folgte ein Hefe Bier. Was zur Folge hatte, dass noch mehr Verdauungs- und Verdünnungssäfte in den Magen befördert wurden, ohne dass es Nahrung zu verarbeiten gab. Meine Magenschleimhaut wird sauer. Dann kam die Mahlzeit. Zwar etwas fettig das Ganze, fiel aber nicht gleich auf, da meine Verdauung schon auf Hochtouren lief, bevor ich anfing, zu essen. Die Galle schob noch mal nach und die Leber lief auf Hochtouren. Das Essen gelangte schneller in meinen Magen, als er es erwartet hatte – er ist halt nicht so ein ‚Schnell Merker’– deshalb dehnt er sich jetzt bis an seine Grenzen aus. Wie gut, dass es da noch den „Absacker“ gab, der noch einmal für noch mehr Magensäure sorgte!
Zu Hause angekommen fühle ich mich wie eine Tonne, der Bauch ist aufgebläht, eine deprimierende Müdigkeit überfällt mich und ich schlafe mit schweren Träumen auf dem Sofa ein. Wirklich gut fühlt sich das nicht an.
Bild & Text „Sich kulinarisch Gutes tun“ kommt von Opa Lingen
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